Projektkonzept

Zum ersten Mal wird Emil Nolde in seinem schöpferischen Prozess porträtiert. Die Gemälde Noldes in Seebüll, Hamburg und München sowie das umfangreiche Archiv der Nolde Stiftung Seebüll dienen als Primärquellen zur Erhebung kunsttechnologisch relevanter Daten.

Sichtbare und unsichtbare Spuren des Entstehungsprozesses der Gemälde werden durch eine Kombination von visueller und stereomikroskopischer Befundung mit modernen bildgebenden Untersuchungen (wie Röntgen, Infrarotreflektographie und Röntgenfluoreszenz-Imaging) sowie speziellen Fototechniken (wie UV-Fluoreszenz oder Streiflicht) vergleichend gelesen und in interdisziplinärer Zusammenschau interpretiert. Der Verschränkung von Maltechnik und Bildwirkung in Noldes Malerei auf der Spur, sind folgende Schwerpunkte in den Fokus genommen: Wahl und Wirkung von Leinwandgeweben, Besonderheiten seiner Grundierungspraxis, wechselnde Techniken der Kompositionsanlage und vor allem der differenzierte und virtuose Einsatz von Malfarbe. Auch spätere Maßnahmen des Künstlers wie beispielsweise Formatänderungen oder malerische Überarbeitungen werden genauer untersucht.

Die chemische Zusammensetzung der Pigmente und Bindemittel wird mittels zerstörungsfreier Materialanalysen direkt an den Gemälden, ergänzt durch Labormethoden an kleinen Proben, bestimmt. Vertiefende Studien zu Noldes präferiertem Malmaterial der Firma Fritz Behrendt und vergleichende Untersuchungen an Farbtuben und anderen Ateliermaterialien aus dem Künstlernachlass sollen ein klares Bild zu Noldes Palette geben.

Zeitgleich wird der Datenbestand des Archives der Nolde Stiftung Seebüll auf der Suche nach technologisch relevantem Material ausgewertet: Aus dem umfänglichen Archiv zum Künstler (Korrespondenz, Selbstzeugnisse, Aussagen Zweiter, Rechnungen etc.) lässt sich eine Fülle von Informationen zu konkreten Arbeitspraktiken Noldes ziehen.

Durch die Kombination von Archivrecherche, technologischen Befunden und naturwissenschaftlichen Analysen wird ein tiefes Verständnis zu Noldes differenziertem, offensichtlich bewusstem Einsatz von Malmaterial und dessen Übersetzung in Bildwirkung über eine Schaffensperiode von fünf Jahrzehnten erarbeitet. Diese Forschungsergebnisse sollen einem breiten Museumspublikum sowie der Fachwelt zugänglich gemacht werden.